Bezugs- und Absatzgenossenschaft

Aus Norder Stadtgeschichte
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Bezugs- und Absatzgenossenschaft

Basisdaten
Gründung 4. November 1919
Auflösung 2009
Rechtsform eingetragene Genossenschaft (e. G.)
Hauptsitz Neuer Weg 17

26506 Norden

Die Landwirtschaftliche Bezugs- und Absatzgenossenschaft (kurz: Bezugs- und Absatzgenossenschaft; auch: Raiffeisengenossenschaft) war ein genossenschaftlicher Zusammenschluss örtlicher Landwirte mit dem Ziel, ihre Waren bei solidarischer Gewinn-, Kosten- und Risikoverteilung gemeinsam abzusetzen. Sie firmierte zuletzt unter dem Namen Raiffeisen Bezugs- und Absatzgenossenschaft eG.

Das Gebäude der an der nach der Genossenschaft benannten Raiffeisenstraße wurde 2017 abgebrochen. Hier entstehen seitdem u.a. Mehrparteienhäuser gehobenen Standards in unmittelbarer Nähe zum Norder Tief. Das Projekt trägt den Namen Wohnen am Wasser. Von Januar 2015 bis zum Abbruch hatte das Fahrradgeschäft Zweirad Thedinga seinen provisorischen Sitz, das ursprünglich im ehemaligen Hotel Henschen ansässig war und 2018 in einen Neubau nahe des Norder Tors zog.

Geschichte

Die Geschichte der Bezugs- und Absatzgenossenschaft ist eng mit der Entwicklung der Raiffeisenbank-Volksbank Norden verbunden, die nur etwa zwei Monate später ins Leben gerufen wurde. Beide Institutionen hatten zum Ziel, die existenziell bedrohliche Lage der örtlichen Landwirte nach dem Ersten Weltkrieg abzumildern, indem diese sich genossenschaftlich zusammenschlossen, um ihre Produkte gemeinsam abzusetzen und dabei sowohl die Risiken bzw. Kosten aber auch die Gewinne solidarisch zu teilen. Auch der Erwerb für Dünger- und Futtermittel wurde genossenschaftlich organisiert, um bessere Bezugspreise zu erzielen.[1] So ist es nicht verwunderlich, dass die Vorstände der Bezugs- und Absatzgenossenschaft nahezu identisch mit denen der Bank waren.

Zu Beginn verfügte die Genossenschaft noch über keine Lagerräume, weshalb die Landwirte ihre Waren direkt am Bahnhof in Empfang nehmen mussten. Später wurden die Güter beim Kornhaus Weerda gelagert und von dort ausgeliefert. Erste Schwierigkeiten ließen dabei nicht lange auf sich warten. Die aufkommende Inflation in den 1920er Jahren brachte die Genossenschaft, wie die gesamtdeutsche Wirtschaft in große Bedrängnis. Obwohl in den Folgejahren die Mitgliederzahlen stetig stiegen (das Eintrittsgeld in die Genossenschaft betrug lediglich 20 Reichsmark, ein Geschäftsanteil kostetete 100 Reichsmark), blieben die Warenumsätze niedrig. Nach Ende der Inflation, spätestens ab 1932, gelang schließlich der Einstieg in den ertragreichen Getreidehandel.[1]

1946 mietete die Genossenschaft die ehemalige Reichsgetreidehalle an, ehe sie 1948 einen Neubau am Norder Tief errichtete. Da die Lagerkapazitäten in den Folgejahren durch die stetig steigende Effizienz der Landwirtschaft durch die Motorisierung immer geringer wurden, baute die Genossenschaft bis 1967 weitere Bauten am neuen Standort an der nach der Genossenschaft benannten Raiffeisenstraße.[1] Dem Zeitgeist entsprechend wurden vor allem Asbestplatten verwendet. Dieser Baustoff galt damals als Wunderwerkstoff, denn er war robust, feuerfest und vor allem günstig. Die erheblichen Gesundheitsgefahren waren der breiten Massen noch unbekannt.

In den 1960er Jahren wird die Raiffeisengenossenschaft neuer Pächter der anliegenden Deichmühle. In diese Zeit fällt der Ausbau der Mehlproduktionsanlagen (Sichter und Walzenstühle) und des Pellsteins. Die Mühle wird nun vor allem zur Getreidelagerung und zur Herstellung von Futtermitteln genutzt. In den Nebengebäuden wurde Düngemittel gelagert. Bis etwa 1968 wurde die Windkraft zum Antrieb der Mühle genutzt und nur bei Windstille auf den Motor zurückgegriffen.[2]

1968 entstand eine Getreidereinigungs- und Beizanlage, 1972 wurde die ehemalige Kalkmühle in Süderneuland II erworben. Drei Jahre später wurde das frühere Kohlenlager der Firma T. J. de Vries in den Gebäudekomplex an der Raiffeisenstraße nach Erwerb einbezogen.[3] Nicht zuletzt dank der nun ausreichend vorhandenen Lagerkapazitäten konnte die Genossenschaft ihre Absätze in den Folgejahren immer weiter steigen, ehe sie 2009 ein abruptes Ende fand. Der Gebäudekomplex wurde nach mehreren Jahren des Leerstands im Jahre 2017 abgebrochen. Zuletzt war seit dem 3. Juli 2010 die Genossenschaft GS Agri hier ansässig. Als Grund für die Aufgabe des Norder Standorts hatte der Vorstand der Agravis Ems-Jade, einer Tochtergesellschaft der Raiffeisen-Warengenossenschaft, "allgemeinen Strukturwandels in der Landwirtschaft" angegeben.[4]

Von Januar 2015 bis zum Umzug in einen Neubau nahe des Norder Tors war das ursprünglich im ehemaligen Hotel Henschen ansässige Fahrradgeschäft Zweirad Thedinga seinen provisorischen Sitz im Verwaltungsgebäude, ehe auch dieses 2019 abgebrochen wurde. Auf dem gesamten Gelände entstanden nachfolgend Wohn- und Geschäfts- bzw. Bürohäuser gehobenen Standards. In das vorderen Gebäude zog zudem die Agentur für Arbeit, die bis dahin an der Mackeriege ansässig war.<

Galerie

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 264
  2. Internetseite der Deichmühle, abgerufen am 5. Juli 2021
  3. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 273
  4. Online-Bericht der Ostfriesen Zeitung vom 25. Juni 2010, abgerufen am 15. Juli 2021

Siehe auch