Postamt

Aus Norder Stadtgeschichte
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Postamt

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Basisdaten
Entstehungszeit 1906-1908
Erbauer Reichspost
Bauweise Repräsentativer Ziegelsteinbau
Erhaltungszustand erhalten
Genaue Lage Am Markt 4-5

26506 Norden

Das (ehemalige) Postamt beherbergte von 1908 bis 2020 die städtische Post. Errichtet von der (Kaiserlichen) Reichspost löste das Gebäude das bisherige Postamt im benachbarten Hochgräflichen Haus ab. Nach dem Niedergang des Kaiserreichs wurde das Gebäude von der Deutschen Reichspost übernommen, ehe es an die Deutsche Bundespost und schließlich - nach der Privatisierung des Postwesens in Deutschland - an die Deutsche Post AG überging.

Am 25. November 2020 wurde das Gebäude für den Besucherverkehr geschlossen und von einem Norder Architekten erworben, welcher das ehemalige Postamt zum Wohn- und Geschäftshaus umbauen ließ.

Ursprünglich befand sich auf dem linken Teil des Post-Grundstücks (bzw. Post-Gebäudes) ein Wohnhaus (siehe Galerie), der rechte Teil wurde vom nördlichen Flügel des Hochgräflichen Hauses eingenommen. Bis zur Neuordnung der Hausnummerierung hatten diese Gebäude die Hausnummern 5 und 6. Ihre Geschichte wird unten gesondert behandelt.

Geschichte

Das denkmalgeschützte Gebäude wurde von 1906 bis 1908 (nach anderen Quellen von 1906 bis 1907) von der damaligen Reichspost errichtet. Bereits zuvor befand sich an dieser Stelle ein Postamt, damals noch im sogenannten Gräflichen Haus.[1][2] Zu Beginn der Inbetriebnahme wurde auch Norddeich Radio vom Norder Postamt verwaltet; denkbar ist, dass der Neubau des Postamtes nicht zuletzt auch der Küstenfunkstelle zu verdanken ist. Der im Postamt ansässige Postdirektor war zugleich verantwortlich für den Betrieb von Norddeich Radio, ehe es ab 1910 eine eigenständige Anstalt wurde.

Ab dem 1. August 1926 wurden die bisherigen einspännigen Kutschen erstmals durch Kraftfahrzeuge ersetzt.[1][2] Bis dahin arbeitete die Post eng mit der Posthalterschaft in der später danach benannten Posthalterslohne zusammen.[3] Auch das benachbarte, ehemalige Hotel Zur Post wurde lange Zeit als Posthalterei betrieben.

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg dienten einige Räumlichkeiten im Postamt der provisorischen Unterbringung von Vertriebenen und Geflüchteten.[4]

In den 1970er Jahren siedelte sich die damals noch zur Bundespost gehörende Seekabelendstelle im rückwärtigen Bereich des Postamtes an.[5] Zur gleichen Zeit wurde der Eingangsbereich neu gestaltet.[6] 1987 wurde - ebenfalls von der Bundespost - der Fernsehturm errichtet.[5]

Am 24. November 2020 öffnete das Postamt letztmalig die Türen für den allgemeinen Besucherverkehr. Seitdem werden die Postdienstleistungen von unterschiedlichen, in Einzelläden und Supermärkten befindlichen Poststellen wie jener am Neuen Weg 21, erbracht. Das Postverteilungszentrum befindet sich im 2020 neu errichteten Logistikzentrum Am Norder Tief. Die Bauarbeiten zu diesem begannen im Juni und waren bereits im Oktober des Jahres fertiggestellt.[7]

Nachdem die Infektionszahlen während COVID 19-Pandemie im Herbst 2021 wieder stiegen, richtete die Stadt Norden ab dem 2. Dezember des Jahres für einige Zeit eine provisorische Corona-Teststelle ein. Indes wurden im Gebäude umfangreiche Sanierungs- und Restaurierungsmaßnahmen durchgeführt, nachdem es von einem privaten Investor erworben wurde.

Die Deutsche Post AG als gewinnorientiertes Nachfolgeunternehmen der behördlichen Deutschen Bundespost hatte das Gebäude leider stark vernachlässigt. Obgleich das Gebäude unter Denkmalschutz steht, waren nach Angaben ehemaliger Mitarbeiter vor allem Keller und Dachgeschoss von Schimmel und Ungezieferbefall betroffen.[8] Die letzte Sanierung wurde um die Jahrtausendwende (1999-2000) durchgeführt.[9]

Dennoch konnte das Gebäude vor dem Verfall gerettet und aufwendig saniert werden. Ein Norder Architekt ließ das Gebäude aufwendig sanieren, um ein zweites Dachgeschoss erweitern und zu einem Wohn- und Geschäftshaus umbauen. Während im Obergeschoss Seniorenwohnungen entstanden, wurde der untere Bereich zu Geschäfts- und Dienstleistungsräumen umgestaltet.[5]

ehem. Nr. 5

1627 erwarb der Bürgermeister Nordens, Johann Vollradt Kettler und dessen Ehefrau Catharina von Langen das Haus mit der damaligen Hausnummer 6 von Dieterichen Ludolffs, der wiederum in das linke (nördliche) Nachbarhaus zog.[10][11] Aus den Verkaufsunterlagen wird ersichtlich, dass das von den Eheleuten Kettler erworbene Haus über einen eigenen Brunnen sowie eine zum Marktplatz führende Ein- und Ausfahrt für Wagen und Pferd sowie eine Kutsche verfügte. Die Eheleute Kettler bezahlten die stattliche Summe von 1.390 Gulden.[11]

1634 verließ das Ehepaar Kettler die Stadt in Richtung Pewsum, wo Kettler Bürgermeister wurde.[12] Als spätere Eigentümer - jedoch ohne Angabe eines Datums - wurde die offenbar alleinstehende und unverheiratete Elisabeth Gerdes genannt.[11]

1722 gehörte das Haus den Erben eines Herrn Kettwigs. Ohne Angabe eines Datums erwarb Anthony Willems Brauer das Haus für 100 Reichstaler. Später, am 23. April 1772, wurden Trientje Martens und ihre Kinder als Eigentümer genannt. Diesen folgen wiederum laut Erbteilungsbrief vom 19. Oktober 1772 Bernd Christian van Calker, Gretje Peter Brauer und Marten Peter Brauer. Gemäß Kaufbrief vom 11. August 1778 wurden nachfolgend Johan Diedrich Böse und seine Ehefrau Antje Peters Brauer neue Eigentümer. Sie erstanden es für 2.500 Gulden.[11]

Nach dem Tode der Eltern erbten die beiden Schwestern Catharina Elisabeth Böse und Sophia Catharina Böse das Haus zu gleichen Teilen. Am 16. August 1800 wurde Catharina Elisabeth alleinige Eigentümerin. Der Wert des Hauses war zwischenzeitlich auf 9.000 Gulden angestiegen. Am 19. Oktober 1801 wurde das Haus für 7.200 Gulden von Trientje Gerdes, Witwe des Willm Peter Brauer, gekauft. Ab 1822 waren dann J. G. Grillich und seine Frau Eigentümer. Ihnen folgten ab spätestens 1872 Heinrich B. Haake und ab 1890 C. A. Heuer.[11]

ehem. Nr. 6

Telegrafenstation

Mit dem Aufkommen der Telegraphie gab es ab 1858 auch eine Telegrafenstation für Norden und Umgebung, deren Leiter ab 1866 der (ehemalige) Kaufmann Peter Bourdeaux wurde.[13][14] Dieser bediente den Telegraphen von der heimischen Stube aus.[15] Hierzu gibt es folgende, amüsante Überlieferung:

Kurz vor Ende des Deutsch-französischen Kriegs (1870-1871) war den Zeitungen zu entnehmen, dass der Friedensvertrag zwischen Frankreich und Deutschland in Bordeaux unterzeichnet werden würde. Viele Leute in Norden und Umgebung hatten dies falsch verstanden, und glaubten, Peter Bourdeaux müsse auch noch unterzeichnen. Sie umlagerten sein Haus und baten ihn dringend, seine Unterschrift unter dem Friedensvertrag doch ja zu vollziehen.[16]

Mit der Neugliederung des Postwesen zum 1. Januar 1876 wurden Post und Telegraphie wieder vereint, sodass die Telegrafenstation wieder in das Postamt verlegt wurde.[17]

Galerie

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 168
  2. 2,0 2,1 Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 9
  3. Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 42
  4. Diverse Zeitzeugenberichte
  5. 5,0 5,1 5,2 Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 98
  6. Ostfriesischer Kurier vom 8. März 2024, S. 4
  7. Online-Bericht des Ostfriesischen Kuriers vom 29. Oktober 2020, abgerufen am 14. April 2021
  8. Befragung von Ortskundigen im Juli 2021
  9. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 91
  10. Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 29
  11. 11,0 11,1 11,2 11,3 11,4 Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 31
  12. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 58
  13. Bourdeaux, Jürgen (2020): Peter Bourdeaux. Kaufmann und Telegrafist in Norden, Bad Mergentheim, S. 35
  14. Bourdeaux, Jürgen (2020): Peter Bourdeaux. Kaufmann und Telegrafist in Norden, Bad Mergentheim, S. 13
  15. Bourdeaux, Jürgen (2020): Peter Bourdeaux. Kaufmann und Telegrafist in Norden, Bad Mergentheim, S. 20
  16. Bourdeaux, Jürgen (2020): Peter Bourdeaux. Kaufmann und Telegrafist in Norden, Bad Mergentheim, S. 14
  17. Bourdeaux, Jürgen (2020): Peter Bourdeaux. Kaufmann und Telegrafist in Norden, Bad Mergentheim, S. 47

Siehe auch